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Zeitungskarriere

„Ich habe einen Beruf gewählt, in dem man sein Leben lang Student bleibt, in dem man immer von Neuem und immer bei Neuem in die Lehre gehen muss, in dem einem der simpelste Bauer und der schmutzigste Arbeiter etwas beizubringen hat. Und dennoch der Zwang, trotz Unsicherheit und Zweifeln Urteile zu formulieren, sich „zu äußern“; Meinung zu „bilden“. Zuweilen widerfährt einem das Glück, dass man einen Menschen nicht nur zum Lesen bringt, sondern auch zum Zweifeln, zum Nachdenken – erfährt man von einem solchen, so ist das eine Sonnenstunde.“ (Brief an Josef Viehweider, ohne Datum, zwischen 1967 und 1972. In: Privatnachlass Claus Gatterer, lfd. Nr. 23, Bl. 184)

Claus Gatterer war 1948 mit der festen Absicht nach Innsbruck übersiedelt, sein in Padua begonnenes Studium zu beenden. Daraus wurde nichts. Stattdessen begann er seine journalistische Karriere in Österreich als Lokalredakteur der Tageszeitung „Tiroler Nachrichten“. Aufgrund seiner Kompetenz in Sachen Italien arbeitete der junge Journalist bald als Italien-Korrespondent für die Tageszeitungen „Salzburger Nachrichten“ und „Münchner Merkur“.
1953 übersiedelte Gatterer nach Salzburg und wurde außenpolitischer Redakteur der „Salzburger Nachrichten“ und Kollege von Gerd Bacher, der in seiner weiteren Karriere eine wichtige Rolle spielte. In Salzburg lernte Gatterer seine Frau, die Schauspielerin Margit Friedrich, und auch Friedrich Torberg kennen, einflussreicher Schriftleiter der kulturpolitischen Zeitschrift „FORVM“, der ihn 1957 als Redakteur nach Wien holte.
Nach gut einem Jahr in der Redaktion des „FORVM“ wechselte Gatterer vorerst kurzzeitig zur Tageszeitung „Bild-Telegraf“ und wurde schließlich Ende 1958 stellvertretender Chefredakteur der Tageszeitung „Express“ unter Gerd Bacher. Von 1961 bis 1967 war Gatterer schließlich außenpolitischer Ressortleiter der Tageszeitung „Die Presse“. In dieser Zeit arbeitete Gatterer außerdem gelegentlich bis regelmäßig bei folgenden Zeitschriften: „Die Zeit“, „Die Furche“, „FORVUM“ und „Il Mondo“.
Claus Gatterer wuchs in Österreich zu einem „journalistischen Weltbürger“, wie ihn sein Kollege Thomas Chorherr bei der Tageszeitung „Die Presse“ bezeichnete. Die Zeit war geprägt vom Kalten Krieg: Gatterer reiste als Sonderberichterstatter nach Moskau oder Beirut und berichtete außerdem von den zähen Südtirol-Verhandlungen zwischen Österreich und Italien, die schließlich in eine umfassende Autonomie für Südtirol mündeten. Gatterer wurde in dieser Zeit eine Nahperson des damaligen österreichischen Außenministers Bruno Kreisky, der regelmäßig die Expertise des gebürtigen Südtirolers einholte. Gatterers Engagement für Südtirol quittierte die italienische Regierung mit einem mehrjährigen Einreiseverbot nach Italien.

Interview mit Gerd Bacher

Gerd Bachers und Claus Gatterers Wege kreuzten sich Anfang der 1950er-Jahre bei den „Salzburger Nachrichten“. Der ehemalige ORF-Generalintendant über den Journalisten Gatterer, sein eigenes Engagement während der Südtiroler Bombenjahre, Gatterers TV-Magazin „teleobjektiv“ und die zusehende Entfremdung der beiden Freunde gegen Ende von Gatterers Leben.

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